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EverQuest 2 – die deutsche Seite

EverQuest II Lore: Vishras Brief

Im Forum und auf der Website von EverQuest 2 wurde diese Woche eine schöne Hintergrundgeschichte veröffentlicht: Vishra hat einen wichtigen Brief geschrieben. Findet heraus, was sein Inhalt bedeuten könnte…

EverQuest 2 Lore - Vishras BriefEr tastete nach dem Umschlag in seiner linken Brusttasche. Es war noch da, so wie immer, aber alte Gewohnheiten lassen sich nur schwer abschütteln.

Es fühlt sich an, als ob der Brief im Umschlag vor Ewigkeiten geschrieben wurde und es hat den Anschein, als ob es genauso lange brauchen werde, bis der Brief ausgeliefert werden wird. Es kam immer etwas dazwischen – die falsche Zeit, der falsche Platz, die falsche Laune, die falsche Gesellschaft.

Vishra war zufrieden, dass der Umschlag noch sicher war, obwohl er ein bisschen mehr zerknittert ist als am Vortag, und begann sich seine Rüstung anzuziehen. Erst die Beinschienen. Links, dann rechts. Sein Halblingsknappe schwirrt pflichtgetreu herum. Die besten Knappen waren Schatten, immer präsent, immer in der Nähe, aber nie im Weg. Tipple war einer der besten Knappen.

Die Platten fühlten sich schwerer an als normalerweise. Ehrlich gesagt, waren es nicht nut die Platten. Es war das Gewicht der Jahre, das Gewicht der kommenden Schlacht, das Gewicht von dem verdammten Brief. Er musste sich mit dem Schlimmsten, was Norrath zu bieten hat, auseinandersetzen und da stand er nun wie ein nervöser kleiner Junge, der sich nicht traut einer Frau die Wahrheit zu sagen. Das war eines dieser Dinge, die mit der Zeit nicht einfach wurden, es wurde nur leichter sich Ausreden einfallen zu lassen.

Er schlug einen der Stützbalken, die das Zelt aufrechterhielt, mit seiner Hand im Handschuh. Tipple zuckte nicht einmal. Er nahm stattdessen den Dämmerbrecher, das Schwert, das selbst den Morgen spalten könnte und er befestigte es an dem Rücken von seinem Herrn mithilfe von einem Hocker.

Vishra glaubte mit jeder Faser seines Seins daran, dass sie es verdiente, es zu wissen, sie musste es wissen. Sie war das Herz von Norrath für ihn, denn sie hielt alles auf was Norrath bedrohte. Und sie tat es mit Grazie und Anmut und Stärke. Mehr Stärke, als er jemals gezeigt hatte.

„Tipple, heute ist der Tag. Wenn ich nicht den Mut aufbringen kann es endlich zu tun, wenn ich umdrehe und wegrenne, so wie ich es schon so oft getan habe, wenn ich zerbreche, wie ein Leihe, dann können die Götter mich niederschlagen.“

„Sehr wohl, mein Herr“

Vishra ritt mit seiner filigranen Rüstung aus seinem Pavillon. Er sah genau wie der Held aus, von dem die Leute sprachen. Natürlich wussten diese Leute nicht, dass sein verknoteter Bauch jeden Moment sein Frühstück wieder verlieren könnte.

Er hatte eine Gelegenheit, denn ein Treffen war in einigen Stunden vorgesehen. Es würde ganz einfach sein. Einfach zur ihr gehen und ihr den Umschlag in die Hand drücken. Es standen zu viele Dingen auf dem Spiel, um weiterhin diese Last herumzutragen.

Vishra machte seine Runden: Sprach mit Soldaten, um Schlachtpläne und Notfallpläne zu besprechen und sich zu fokussieren, um für den Erwachten – Kerafyrms Truppen und Kriecher bereit zu sein.

Es war spät am Morgen, als er sich zum Treffpunkt begab. Er sah sie, genauso wunderschön, wie an dem Tag als sie geboren wurde. Sie winkte und er tat es ihr gleich.

„Vishra! Schön dich zu sehen. Bist du bereit?“

Er verbeugte sich, „Ich bin der Lehnsherr. So wie ich Lucan kenne, denke ich, dass er unseren Plänen zustimmen wird. Der Plan ist direkt zum Punkt und brutal.“

„Hoffentlich hast du Recht. Mit ihm zu diskutieren ist anstrengend.“ Sie griff seinen Arm „sollen wir los?“

„Warte, Antonia… Ich…“

„… Ja?“

„… Du bist eine großartige Anführerin geworden, eine Frau, zu der die ganze Nation aufblickt. Ich wollte dich wissen lassen, dass ich Stolz auf dich bin… “ er verhaspelte sich während der letzten Worte.

Antonia lieft leicht rot an und kicherte ein wenig, „D-Danke, Vishra. Ich bin auch sehr Stolz auf dich. Ich hätte nichts davon ohne dich an meiner Seite tun können. Wie dem auch sei, genug davon. Wir haben genug Zeit dafür, sobald Kerafyrm zur Ruhe gebrachte wurde. Lass uns Lucan treffen.“

Und das war das.

Stunden später stürmte Vishra in sein Zelt, versuchte seinen rechten Handschuh auszuziehen und feuerte ihn letztendlich in die Ecke. Tipple kam angerannt und arbeitete an seinem linken Handschuh und beseitigte ihn geschwind, um sich dann mit der Brustplatte zu befassen. Aber selbst Tipples beeindruckende Geschwindigkeit war nicht schnell genug für Vishra, der voller Wut an der Platte kratzte.

Tipple brüllte scharf „Sir!“ dann ruhig, „bleiben Sie ruhig.“

Vishra blieb still, aber Tipple konnte seinen Körper weiterhin unter der Rüstung vibrieren spüren. Tipple lockerte das Bruststück, zog es weg und kehrte in seine Ecke zurück.

Sobald die Platte entfernt war, begabt sich Vishra wieder in Bewegung. Er griff den Umschlag von seiner Brusttasche, riss ihn auf, schaute den Brief an und zerknüllte ihn dann in seiner Faust. Er nahm drei tiefe und langsame Atemzüge. Es sah für Tipple so aus, als ob er sich beruhigen würde, aber Vishra brüllte plötzlich – ein animalischer, wütender und trauriger Ausbruch aufbrüllender Emotionen. Der Ausbruch übernahm die ganze Umgebung, wie Wölfe, die im Mondlicht jaulen.

Es war so laut, dass Wächter mit ihren Speeren reinrannten. Tipple beeilte sich sie leise herüberzuwinken – sie wollten nicht hier sein, sie haben nichts gehört und sie wollten auf keinen Fall Vishra sehen, wenn er so ist wie er war. Sie warfen sich verwirrte Blicke zu und verließen langsam das Zelt.

Er kam langsam außer Atem. Tipple seufze voller Erleichterung und bewegte sich in Richtung seiner Ecke. Seine Augen waren weiter auf Vishra gerichtet in der Hoffnung, dass das Schlimmste vorüber war.

Vishra stand für eine ganze Weile mit gesenktem Kopf mit dem Rücken zum Eingang. Minuten vergingen und die einzigen Lebenszeichen, die Tipple ausmachen konnte, waren leichte Atemzüge, die er ab und zu nahm.

Letztlich äußerte er sich flüsternd, „Es tut mir Leid. Das war unnötig. Danke, Tipple.“

„Sehr wohl, Sir.“

Vishra setzte sich langsam an seinen Schreibtisch. Seine Faust entspannte sich Stück für Stück und er legte den Brief auf den Holztisch. Er bügelte die Falten mit seinen Händen aus und begann dann zu lesen:

Meine liebste Antonia,

So oft schon habe ich diesen Brief neu geschrieben. Ich hätte ihn dir schon vor langer Zeit geben sollen. Mit Liebe, Stolz, ein wenig Traurigkeit und Bedauern darüber, dass er dich erst jetzt erreicht.

Wir haben die Welt bereist, Antonia. Wir haben alles gesehen und noch mehr. Ich habe zugesehen, wie du vom kleinen, seltsamen, aber liebenswerten Straßenkind zu einer mächtigen und schönen Herrscherin deines eigenen Königreichs wurdest. Ich erinnere mich gerne daran, wie wir am Hafen von Dämmerfall geangelt haben. Der Wind war still und wollte nicht wehen. Es war so heiß, das Wasser so ruhig, aber du hast dich niemals beschwert. Nur gelächelt … Und als du diesen ersten Seebarsch gefangen hattest … So etwas habe ich noch nie vorher erlebt. Selbst nach so vielen Jahren. Das Band war immer noch da. Ungebrochen. Immer wenn ich schwermütig werde, gehe ich zurück zu diesem Tag – und diesem Lächeln.

Ich weiß nicht, weshalb es mir so schwerfällt, die Worte auszusprechen, wie ich es möchte. All die Jahre, die ich vorgab, etwas zu sein, das ich nicht bin – sie machen es schwerer, die Lüge zuzugeben. So viele verschiedene Ängste auf einmal; die Angst, dich zu verletzen, dich zu verwirren … Euch zu verlieren. Ich bin kein Mann, der vor vielen Dingen Angst hat, aber ohne das hier, unsere Beziehung, kann ich nicht leben. Wegen dir kann ich Dämonen entgegentreten, Kerafyrm in die Augen schauen … Würde ich dich verlieren, wäre ich selbst verloren. Ich bin ein bemitleidenswerter Mann, Shirrana, und wegen dieser Schwäche geht die Lüge weiter. Doch das ist jetzt vorbei, und ich kann dich nur um Verzeihung bitten.

Wenn ich manchmal herrisch wirke … überängstlich um dich … Wenn ich dich zu sehr wie eine Tochter behandele … Dann ist das, weil …

Weil du es bist.

Ich hatte Glück. Die Schwestern von Tränenfall verbannen die Väter, wenn ihre Töchter geboren werden. Die meisten von ihnen sehen ihre Kinder nie aufwachsen. Mir wurde die Gelegenheit gegeben, dich aus der Ferne großzuziehen, dir beizustehen, dich zu beschützen, als wärst du mein. Deine Mutter und ich haben uns sehr geliebt, und nur durch ihre Liebe und Weitsicht wurden diese Dinge in Bewegung gesetzt. Ich wünschte, sie könnte dich jetzt sehen. Doch sie wäre nicht überrascht, sie wäre stolz, genau, wie ich es bin.

Du erlebst wohl gerade eine Kombination aus Verwirrung und Ärger. Oder vielleicht nur die ruhige Gewissheit, für die du in Norrath bekannt bist. Aber ich verstehe, dass du einige Zeit brauchen wirst, um es zu verarbeiten und dich damit abzufinden. Wenn du so weit bist, können wir uns mit einem Glas Wein hinsetzen und reden. Ich kann dir die wahre Geschichte darüber, wie du in diese Welt kamst, erzählen und wir können diskutieren, ob du es erlauben kannst, dass ein alter Soldat dein Vater sein kann. In der Zwischenzeit sei dir gewiss, dass ich dich liebe, Shiranna und dass ich dich seit dem Tag deiner Geburt geliebt habe.

Ich werde Warten,

Vishra.

Er griff in die Schublade und fand einen neuen Umschlag. Er faltete den Brief vorsichtig und packte ihn in sein neues zu Hause und staute diesen dann in seiner linken Brusttasche.

„Morgen.“

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